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HR Prof. Dr. Helmut Madersbacher Vorsitzender der GIH Österreich
STRESSINKONTINENZ (BELASTUNGSINKONTINENZ)
Eine Schwächung des Schließmuskelsystems am
Blasenauslass, etwa durch Geburt, Operation oder äußere Verletzungen, oder aber degenerativ, durch zunehmende Gewebeschwäche im Alter, führt zur „passiven Harninkontinenz", bei der durch Husten, Lachen, Niesen oder Pressen
passiv der Druck in der Blase den erniedrigten Verschlussdruck des Schließmuskels übersteigt, so dass es zum unwillkürlichen Harnabgang kommt (Grafik Blase 1). Es handelt sich dabei nicht
um einen psychischen, sondern um einen physischen Stress, charakterisiert durch eine abrupte Erhöhung des Druckes im Bauchraum, der bei defektem Schließmuskel zum unfreiwilligen Harnabgang führt.
Durch ein gezieltes Beckenbodentraining, unterstützt durch Elektrostimulation und Biofeedback, lassen sich bei entsprechender Mitarbeit seitens der
Betroffenen erstaunliche Erfolge erzielen. Die initial eingesetzte Elektrostimulation des Beckenbodens dient jenen Betroffenen, die ihren Beckenboden nicht mehr willkürlich innervieren können, dazu, diese
Eigenschaften als Voraussetzung für ein erfolgreiches Trainingsprogramm wieder zu erlernen. Durch alpha-adrenerge Medikamente kann man zusätzlich
den glattmuskulären Anteil des Blasenschließmuskels kräftigen sowie durch Östrogen-Substitution die ebenfalls zur Kontinenz beitragende Schleimhautkomponente verbessern.
Ist jedoch die Stressinkontinenz durch ausgeprägte Lageveränderungen der Blase, durch eine schlaffe Schließmuskellähmung oder durch eine erhebliche
Verletzung des Schließmuskels, z. B. durch eine Prostataoperation, bedingt, so ist die Operation die Methode der Wahl: Bei Frauen muss die normale Anatomie
des Beckenbodens bzw. der Blase wiederhergestellt werden, bei schlaffer Beckenbodenlähmung oder schwerer Sphinkterverletzung ist die Implantation
des hydraulischen Schließmuskels nach Scott einzige Behandlungsmöglichkeit. Von der „passiven" Harninkontinenz müssen Formen der „aktiven"
Harninkontinenz, die durch eine Fehlfunktion des Blasenmuskels verursacht sind, unterschieden werden. Dazu zählen die Drang-, die Reflex- und die Überlaufinkontinenz.
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